DAS SCHICHTENMODELL

Unser Leben drückt sich in unserer Individualität aus, deren Einzigartigkeit absolut ist. Es gibt nicht zwei identische Menschen unter den mittlerweile sieben Milliarden Erdbewohnern, jeder einzelne hat seinen ihm eigenen genetischen Fingerabdruck und ein ihn prägendes soziales Umfeld. Daher sind Vergleiche und Pauschalisierungen Ausdruck von Konzepten und Abstraktionen, die im Kontext von Heilkunst letztendlich nicht weiterführend sein können, wenn Hippokrates und Paracelsus Recht hatten, dass Ähnlichkeit heilt. Die Homöopathie beweist das Tag für Tag.

 

Identisches Leben? Nicht vorher, nicht jetzt, nicht später!

 

Zusätzlich zur Einzigartigkeit jedes Individuums in Hinblick auf seine körperliche, psychische und geistige Existenz, gibt es außerdem noch die Einzigartigkeit in Bezug auf Zeit. So wie der Einzelne in genau diesem Augenblick existiert, hat es ihn weder in der Vergangenheit gegeben, noch wird es ihn der Zukunft ein weiteres Mal so geben. Existenz ist auch zeitlich betrachtet absolut einzigartig. Der Eindruck eines festen, stabilen und in der Zeit unveränderlichen ICH ist nur eine Verwechslung. In Wahrheit bezieht sich diese Wahrnehmung eines immerwährenden Bewusstseins auf den ultimativen Ursprung jeder Manifestation des Lebens, auf unser unendliches, vollkommenes Potential.

 

Das Ich ist das geistige Konzept einer unveränderlichen Essenz. Im Gegensatz zur unveränderlichen Essenz, die man nicht sinnlich erfahren kann, gibt es eine erfahrbare, aber vollkommen veränderliche Manifestation dieser Essenz. Absolut betrachtet existiert kein Wahrnehmungsgegenstand so wie man ihn sieht oder es denkt. Alles, das fest und stabil erscheint, ist in Wahrheit in Bewegung. Die exakten Wissenschaften beweisen mittlerweile, dass unsere Wahrnehmungswelt eine Interpretation und Projektion des Geistes ist. Man muss nur  bedenken, dass der Baum vor dem Fenster gebrochene Lichtwellen sind, die auf die Netzhaut des Auges treffen und zu  elektrischen Impulsen werden, die dann im Gehirn verarbeitet werden. Der Baum entsteht im Kopf und steht folgerichtig nur scheinbar vor dem Fenster.

 

Natürlich ist da etwas, aber was und wie es über die Sinnesorgane wahrgenommen und anschließend bewertet wird, hängt von dem Geist jedes Einzelnen ab. Was man sieht ist ausschließlich subjektiv - und daher keine objektive Realität. Auch zeitlich betrachtet ist alles, was man denkt, schon vergangen, bevor es uns zu Bewusstsein kommt. Jeder Gedanke und jedes Gefühl ist das Festhalten an einem kleinen Moment, der im Augenblick des Festhaltens schon längst wieder verflossen ist. Jeder Gedanke und jedes Gefühl, jede körperliche Manifestation begrenzt uns auf einen bestimmten Ausdruck und trennt uns von all dem, was wir sonst noch sein könnten.

 

Bricht man dieses Denkkonzept auf seine Essenz herunter, kann man ultimativ betrachtet nicht seine Gedanken oder Gefühle sein. Und man ist auch nicht sein Körper. All das zerfließt zwischen den Fingern, kaum dass man danach gegriffen hat. Eine Existenz ist eben viel mehr. Meiner Meinung nach ist Heilung das Loslassen von all dem, was man für sein ICH hält, das Loslassen der die Wahrheit limitierenden Konzepte des Geistes über sich und die Welt. So gesehen sind homöopathische Medikamente Spiegel, in denen Behandler und Patient erkennen können, was begrenzt und krank macht, körperlich und auf allen anderen Ebenen der Existenz. Sie öffnen den Blick auf das, was loszulassen ist - um zu erfahren, welch unendliches, heiles Potential sich dahinter in jedem Menschen verbirgt.

 

Homöopathie und die Einzigartigkeit jedes Individuums

 

Der daraus resultierenden Einzigartigkeit in Bezug auf Individualität trägt die Homöopathie durch das Wirkprinzip der Ähnlichkeit Rechnung; der Einzigartigkeit jedes Individuums in Bezug auf den Faktor Zeit trägt sie durch das sogenannte Schichtenmodell Rechnung.

 

Aus der beschriebenen absoluten Einzigartigkeit jeder Manifestation von Leben ergeben sich für die Heilkunst zwei Konsequenzen: Da man Individuen offensichtlich nicht vergleichen kann, benötigt man für einzigartige Lebewesen, die folgerichtig einzigartige Krankheiten ausprägen, konsequenterweise individuell abgestimmte Therapien und Arzneimittel. Ändert sich im Laufe der Zeit die Manifestation der Lebenskraft eines Menschen in klar erkennbaren Zeichen und Symptomen, dann muss entsprechend dem Ähnlichkeitsprinzip ein neues Medikament gefunden werden, um diesen Menschen zu heilen.

 

Vielfalt und Veränderung sind also die Erfahrungsgrundlagen des Lebens. Allen unterschiedlichen Erscheinungen lassen sich Arzneimittel zuordnen, genau für den Zeitraum ihrer Erscheinung. Die Einzigartigkeit des Lebens bedingt, dass es sich niemals in eine bestimmte Schublade stecken lässt und dass nichts bleibt wie es ist. Auch wenn gleiche Diagnosen etwas anderes suggerieren: Es gibt keine gleichen Erkrankungen, und Erkrankungen verändern sich im Laufe der Erkrankungsdauer.

 

Eine Streptokokkenangina ist keine Streptokokkenangina. Bei dem einen Patienten ist der Schmerz linksseitig, beim anderen auf der rechten Seite. Der Eine hat eine Erstreckung der Schmerzen zum Ohr, der Andere hingegen vermehrten Speichelfluss. Einer hat Verlangen nach kalten Getränken, ein Anderer muss heiß trinken. Wieder Einer hat eine nächtliche Verschlimmerungszeit, der Andere durchlebt sie am Nachmittag. Das ließe sich nahezu unendlich so weiterführen und macht deutlich, dass jeder Mensch mit individuellen Krankheitszeichen für seine Heilung ein individuelles homöopathisches Medikament braucht.

 

Daher muss der Behandler jedem Patienten unvoreingenommen begegnen, um dessen wahren Krankheitszustand gerecht zu werden. So wird er nicht auf ein Konzept von Krankheit, auf Krankheitsnamen und Diagnosen hin Medikamente oder Therapien verordnen, sondern diese unter Berücksichtigung aktueller, einzigartiger Krankheitsmerkmale individuell auf den einzelnen Erkrankten abstimmen. Die nacheinander verordneten Arzneimittel können unterschiedlich sein oder aber Wiederholungsgaben eines zuvor verordneten Medikaments. Ist kein neuer Arzneimittelzustand zu erkennen, darf das Medikament auch nicht gewechselt werden. Ändert sich der Ausdruck des Lebens aber, egal ob im Zustand akuter oder chronischer Erkrankung, benötigt man ein neues, zum augenblicklichen Zustand passendes Heilmittel. Der Ausdruck der Lebenskraft des erkrankten Individuums entscheidet über den Fortlauf der Behandlung, nicht die Strategie des Behandlers.

 

Das homöopathische Schichtenmodell

 

Die Idee der Prädisposition oder Veranlagung des Einzelnen, auf die ich im Kapitel über das Ähnlichkeitsprinzip schon eingegangen bin, impliziert das Konzept von Entwicklung, Reifung und Progredienz. Um dies zu verdeutlichen, stellen Sie sich bitte viele Samenkörner vor, die jeder Mensch in sich trägt. Sie wurden in der Vergangenheit und werden in der Gegenwart gesät und keimen schließlich zu unterschiedlichen Zeiten – jetzt und in der Zukunft. Daraus ergibt sich die Idee einer Chronologie, einer Abfolge einzigartiger Momente.

 

Die Gesetze, die sich aus der zeitlichen Erstreckung des Lebens und damit auch der zeitlichen Erstreckung jeder Krankheit und Heilung ergeben, werden in der Homöopathie durch das sogenannte Schichtenmodell beschrieben. Es geht zurück auf einen der bedeutendsten zeitgenössischen Homöopathen, George Vithoulkas (geboren 1932). Jede Schicht entspricht einem speziellen Ungleichgewicht der Lebenskraft und beinhaltet sowohl das Krankheits- als auch das Entwicklungspotenzial des Menschen, je nachdem aus welcher Perspektive man darauf blickt.

 

In Vithoulkas’ Modell sind diese Schichten in einer zeitlichen Reihenfolge übereinander gelagert. Ein Mensch kann diese Schichten nur abtragen, indem er sie nacheinander einzeln durchlebt. George Vithoulkas bildet im Schichtenmodell das jedem Leben zugrunde liegende Naturgesetz ab, dass Entwicklungsprozesse im Verlauf einer Existenz nicht verhindert werden können. Und ermöglicht die Perspektive, dass basierend auf diesem Wissen jeder von uns die Freiheit besitzt, eigenverantwortlich Ort, Geschwindigkeit und Intensität seiner individuellen Evolution zu beeinflussen.

 

Wie ich schon in meinen Ausführungen zur Heilung beschrieben habe, ist das Leben ohne heilsame Unterstützung leidvoll und die Erkrankungen sind langwierig und destruktiv. Entscheidet man sich hingegen für heilsame Unterstützung, wird man leidfreier leben, Krankheiten verlaufen schneller und werden konstruktiv durchlebt, das heißt, die Krankheit führt zu ihrem höheren Ziel. Der Mensch ist krankheitsresistenter und glücklicher. Bei der Heilung von Krankheitsdiathesen, also latent vorhandenen Dispositionen, vollzieht sich Entwicklung sogar unbewusst, ohne spürbares Leid. Dass Heilung durch homöopathische Medikamente kein kognitiver Prozess ist, lässt sich an der Heilung von Babys und Kleinkindern erkennen, auch die Behandlung von Tieren mit Homöopathie ist dafür ein gutes Beispiel.

 

Die heutigen Lebensumstände bedingen mehr Krankheitsschichten

 

So wie Krankheitsschichten durch das Leben aufgelöst werden, genauso können jederzeit neue Schichten entstehen. Die Einflüsse unseres modernen Lebens können sich wie Sedimentschichten über schon vorhandene Schichten ablagern. Heutzutage sind wir Menschen zunehmend Umwelteinflüssen ausgesetzt wie Verschmutzung von Luft und Gewässern, nachlassende Qualität von Nahrungsmitteln (Genmanipulation, Nährstoffmangel oder Arzneimittelrückstände). Elektrosmog und eine Lebensgeschwindigkeit und Leistungsforderung, die den Einzelnen zu überfordern droht, wird verursacht durch den Siegeszug elektronischer Verbreitungsmedien in unserer heutigen Gesellschaft mit weitreichenden physischen und psychischen Konsequenzen. Hinzu kommt die Zweitwirkung schulmedizinischer Medikamente und deren Wirkweise nach dem Contraria-Prinzip (Gegensätzlichkeitsprinzip), die bestehende Krankheitsschichten unterdrückt und dadurch deren destruktive Dynamik verstärkt. Auch Schutzimpfungen verursachen neue Schichten. Der englische Arzt und Homöopath, Dr. J. Compton Burnett, beschrieb diesen Zusammenhang bereits 1884 und nannte diese Krankheitsschicht Vakzinose (J. Compton Burnett, Die Vakzinose und ihre Heilung mit Thuja, München 1991). Krankheitsschichten entstehen auch durch Unfälle, psychische Traumata bedingt durch Gewalt, Missbrauch, die Trennung der Eltern oder den Verlust eines geliebten Menschen. Regelmäßiger Drogenkonsum bedingt ebenfalls eine weitere Krankheitsschicht.

 

Die Korrelation von Zeit, Lebenskraft und Heilung

 

Die Anzahl der Schichten, die ein Individuum „besitzt“ variiert zwangsläufig. Das Spektrum erstreckt sich von einer einzigen Schicht bis hin zu sehr vielen. Die im Kontext homöopathischer Behandlung immer wieder vertretene Ansicht, jedem Menschen entspräche genau ein Konstitutionsmittel, ist somit richtig (theoretisch) und zugleich falsch (weil pauschalisierend). Dieses absolute Konstitutionsmittel soll ein korrekt gewähltes homöopathisches Medikament sein, das sich im Laufe der Zeit nicht verändert und für alle Leidensfälle dieses einen Menschen heilsam ist. Zutreffend ist dieses nur für einen extrem kleinen Kreis von Patienten. Das könnte der Bauer aus einem abgelegenen Bergtal sein, der seinem Tagwerk mit Hilfe von Pferd und Körperkraft nachging, über Jahrzehnte gesundheitlich stabil war, bis er dann vielleicht 70 Jahre alt mit einem beginnenden Krebsleidenin der Praxis erscheint. Es gibt keine sichtbaren geistigen oder psychischen Leiden, die Krankheit befindet sich scheinbar ausschließlich in der körperlichen Peripherie. Die Lebenskraft dieses Mannes ist unabhängig vom Namen der Krankheit sehr stark. Er bekommt sein homöopathisches Mittel und ist nach einiger Zeit geheilt und wird sehr alt.

 

Die Umkehrseite dieses offensichtlich sehr gesunden Bauern ist, dass in seinem Leben ansonsten nicht viel Entwicklung stattgefunden hat. Es gab nur diese eine Lebensschicht, mehr war für ihn nicht zu verwirklichen in diesem Leben. Dem gegenüber steht der Patient, der das andere Extrem des Spektrums darstellt. Bei ihm verändern sich die Symptome so schnell, dass der Homöopath ihm jeden Tag ein neues Konstitutionsmittel verschreiben muss. So zum Beispiel bei einem Krebspatienten in der Tumorkachexie, dem Endstadium der Erkrankung.

 

Daraus lässt sich schließen, dass das Heilprinzip Homöopathie alle Erkrankungen heilen kann. Egal, ob es sich um eine degenerative Erkrankung wie Krebs handelt, Autoimmunerkrankungen, orthopädische Probleme, Depressionen, psychische Zwangsstörungen oder Psychosen. Voraussetzung für Heilung ist eine starke Lebenskraft. Die Homöopathie kann nicht mehr heilen, wenn die Lebenskraft zu schwach ist. Das Lokalisieren des erkrankten Menschen im Schichtenmodell von George Vithoulkas hilft unter anderem die Tiefe einer Krankheit herauszufinden, um dann Rückschlüsse zu ziehen bezüglich der Heilbarkeit aus homöopathischer Sicht.

 

Entscheidend ist ausschließlich die Stärke der Lebenskraft, nicht der Name der Krankheit. Je stärker die Lebenskraft, desto weniger Schichten, desto weniger Konstitutionsmittel, desto besser die Prognose. Je schwächer die Lebenskraft, desto mehr Schichten, desto mehr Konstitutionsmittel, desto schlechter die Prognose.

 

Um schwere Erkrankungen zu heilen, benötigt man starke Reaktionen. Eine schwere Erkrankung hat aber häufig eine schwache Lebenskraft als Ursache. Dann werden auch die Reaktionen der Lebenskraft auf das homöopathische Medikament schwach sein. Daher müssen in solchen Fällen zunächst meistens mehrere aufeinanderfolgende  Arzneimittel verordnet werden, um die Lebenskraft des Patienten zu stärken. Darüber hinaus drückt sich nur eine starke Lebenskraft in einem klaren Symptomenbild mit präzisen Modalitäten aus. Erst wenn präzise Krankheitszeichen ausgeprägt werden, kann der Behandler beginnen Mittel zu verordnen, die ihnen exakt entsprechen und deshalb gemäß dem Simile-Prinzip (Ähnlichkeitsprinzip) wirklich heilkräftig sind.

 

Manchmal fehlt einem im Heilprozess schlicht und ergreifend die Zeit. Ist die Lebenskraft zu schwach, bräuchte man in diesem Fall einfach zu lange, um zu heilen. Das Wirkprinzip der Homöopathie ist ein Gesetz und hat daher immer heilsame Effekte. Selbst wenn körperliche Krankheit nicht mehr geheilt werden kann, bewirkt jedes korrekte Arzneimittel eine Harmonisierung der Lebenskraft und damit zumindest eine Linderung des Leidens. Die Hauptwirkung der homöopathischen Medikamente ist dann auf der geistigen und psychischen Ebene zu sehen. Allein diese Möglichkeit ist für den betroffenen Menschen ein großes Geschenk.

 

Laut George Vithoulkas besitzt ein erwachsener Mitteleuropäer heutzutage etwa zehn bis zwölf Krankheitsschichten. Das erscheint viel und wahrscheinlich mehr, als man erst einmal annehmen würde. Diese Tatsache spiegelt aber auch ein größeres individuelles Entwicklungspotenzial, als es in der Vergangenheit der Fall gewesen ist.

 

Das Schichtenmodell von Vithoulkas besteht aus vier Hauptgruppen, jede dieser Hauptgruppen setzt sich aus einer bestimmten Anzahl von Schichten zusammen. Jede Schicht dieses Modells korrespondiert mit einer Schicht im Menschen. So lässt sich anhand des Schichtenmodells eine Gruppenzugehörigkeit des Einzelnen definieren und eine genauere Prognose über Lebenskraft und Heilungsverlauf erstellen. Erzielt man als Homöopath beispielsweise bei der Behandlung einer chronischen Erkrankung mit dem ersten Mittel einen guten Erfolg und weiß, dass dieser Patient der dritten Gruppe zugeordnet werden muss, dann wird man nicht den Fehler begehen zu glauben, diese Krankheit sei mit diesem einen Arzneimittel bereits geheilt.

 

Die Akuterkrankung als Heiler des chronischen Leidens

 

Der durchschnittliche Mitteleuropäer gehört heutzutage in die dritte der vier von Vithoulkas beschriebenen Gruppen. Der oben erwähnte als Beispiel dienende Bergbauer mit einem einzigen Konstitutionsmittel gehört zur obersten Schicht in der ersten Gruppe. Der Patient, der jeden Tag ein neues Konstitutionsmittel benötigt, wird der untersten Schicht der vierten Gruppe zugeordnet. Einen grundlegenden Unterschied gibt es zwischen den beiden ersten Gruppen und den beiden letzten. In den obersten beiden Gruppen besitzt der Mensch die Fähigkeit und Kraft zur Akuterkrankung. In den unteren beiden Gruppen besitzt er diese Fähigkeit nicht mehr, der Verlauf seiner Erkrankung ist chronisch. Bei der Beurteilung der Lebenskraft des Patienten gibt es also ein ganz einfaches, aber wesentliches Kriterium: Wer akut erkranken kann, ist mit wenigen Ausnahmen viel gesünder als jemand, der dazu nicht in der Lage ist.

 

Das zu verstehen ist ungemein wichtig, denn wenn der Patient aus der dritten Gruppe die korrekte Abfolge homöopathischer Arzneimittel verordnet bekommt, wird er sich zur zweiten Gruppe hin entwickeln. In den unteren Schichten der zweiten Gruppe treten akute Erkrankungen häufiger auf. Sie sind in diesem Entwicklungsstadium vor allem als Heilreaktionen der chronischen Erkrankung zu verstehen. Die akute Erkrankung heilt in diesem Stadium die chronische! Später, im weiteren Verlauf des Heilungsprozesses werden auch akute Krankheiten wieder seltener. Die chronische Krankheit ist dann weitgehend ausgeheilt und das akute Krankheitsgeschehen ist jetzt Ausdruck der normalen Weiterentwicklung des Menschen. Wird die gewünschte akute Heilreaktion der chronischen Krankheit nach Einnahme eines homöopathischen Medikamentes durch ein schulmedizinisches Medikament unterdrückt, verpasst der Behandler nicht nur diese Chance auf Heilung, sondern verstärkt zusätzlich die Chronizität der Erkrankung.


 Folgen von Unterdrückung

 

Konsultiert ein akut erkrankter Mensch einen Schulmediziner, werden in der Regel die Krankheitszeichen pauschalisiert, mithilfe biochemischer Medikamente unterdrückt und somit eine den gesamten Menschen betreffende Heilwirkung zerstört. Natürlich muss ein akuter Krankheitszustand immer behandelt werden. Es sollte dabei aber nicht gegen das Leben gearbeitet werden.

 

Vorausgesetzt eine Erkrankung ist nicht lebensbedrohlich (was zum Glück in den seltensten Fällen zutrifft), dann sollte die akute Heilreaktion der chronischen Erkrankung nach Einnahme eines homöopathischen Medikamentes durch korrekte Entscheidungen weiter unterstützt werden. Die pauschale Verordnung von fiebersenkenden Mitteln verzögert die Genesung und kann zu subakuten Verlaufsformen führen. Immunsuppressive Medikamente drücken die Krankheit wieder zurück auf die chronische Ebene und verursachen so, was sie ihrer Natur gemäß eigentlich verhindern sollten. Der so behandelte Organismus kann keine wirkliche Resistenz aufbauen und, ganz im Gegenteil, das Immunsystem wird durch jede derartige Behandlung weiter geschwächt.

 

Da die Krankheitswurzel fortbesteht und das Immunsystem mit der Zeit so geschwächt wird, dass keine Akuterkrankung mehr möglich ist - was wird nun weiter im Organismus geschehen? Die gleiche Beschwerde wird auf einer tieferen Ebene im Menschen ihren Ausdruck suchen und finden. Der Einsatz von Antibiotika gegen Streptokokken soll rheumatisches Fieber, Endokarditits und Nephritis verhindern. Doch bei aus schulmedizinischer Sicht erfolgreicher Unterdrückung der Krankheitszeichen laufen diese Patienten Gefahr, später im Leben Rheuma, Herz- und Nierenerkrankungen zu erleiden. In diesem Zusammenhang sollte auch die besorgniserregende Zunahme von Krankheiten wie z.B. Bluthochdruck nachdenklich stimmen, auf die am 7. April 2013 von der WHO (World Health Organization) anlässlich des Weltgesundheitstages hingewiesen wurde. Aus homöopathischer Sicht ist dies neben Anderem auch eine Folge der Verlagerung von Fieber ins chronische Krankheitsgeschehen.

 

Üblich ist, dass fortschreitende gesundheitliche Beschwerden fälschlicherweise als Folge oder Komplikation sogenannter Erreger beschrieben werden. In Wirklichkeit sind diese Krankheitsbilder aber destruktivere, d.h. dunklere Grauschattierungen der gleichen Krankheitswurzel. Krankheit ist immer individuelle Entwicklung. Jeder hat daher die Freiheit zu wählen, in welcher Schicht die Entwicklung gemacht werden soll. Leider werden aber von Behandler und Patient zu häufig falsche inhaltliche Zusammenhänge konstruiert und die kontraproduktive Wirkung unterdrückender Behandlungen auf den individuellen Organismus und das Leben übersehen oder geleugnet. In Folge eines solchermaßen missverstandenen Krankheitsverlaufs wird der Patient im Verständnis des Schichtenmodells von der zweiten Gruppe in die dritte und schließlich in die vierte Gruppe absteigen. Dann schließlich wird er unheilbar erkrankt sein.